Artikel mit dem Tag "Lyrik"



Heute will ich es wagen
Auslese · 19. April 2023
Fragtest du mich, worunter ich leide, so schwiege ich von den Einsamkeiten, die mich befallen, selbst unter Menschen, deren Hände und Worte warm sind und weich wie der Duft der Magnolie. Auch von durchbangten Nächten, in denen ich manches Unheil erwartete das niemals eintrat, schwiege ich, wie von den Tagen, an denen ich blind für das Wunder blieb, das mich atmend umspinnt. Ich spräche nicht von den Wunden und Narben, von denen ich ahne dass sie mich zeichnen, doch nicht entstellen, und...
An Ende des Jahres
Auslese · 31. Dezember 2021
Schenk diesem Tag noch einen Blick der Güte und auch dem Jahr, das nun zu Ende geht. Lass diese Zeit nicht ohne deinen Segen ziehen, gib dem, was war, dein reif gewordenes Ja. Den Erdengaben, die sich gern in deine Hände schenkten, den Menschen, die ein Stück des Weges mit dir teilten, und allen Träumen, die in deiner Mitte wuchsen, um einmal Wirklichkeit in dieser Welt zu sein. Leg auch vergangenen Kummer unter deine Blicke mit einer ernsten, späten Dankbarkeit. Das leise Sehnen, das...

Neuerscheinung!
Veröffentlichungen · 13. September 2021
Heute ist der schöne Tag, an dem mein neues Buch "In winterweißer Stille" (Vier Türme 2021) erschienen ist. Für Autor*innen gehört so ein Tag ja meist zu den Highlights des Jahres. Für mich auch, deswegen teile ich gern meine Freude. Während wir vermutlich alle noch die Farben und Düfte des ausklingenden Sommers geniessen, kündigt sich der Herbst schon an: die Spinnen weben ihre Netze, das Laub verfärbt sich, ein besonderes Aroma liegt in der Luft. Und auch die früher hereinbrechende...
Verflochten
Auslese · 21. Juni 2021
Noch während du dich gottverlassen fühlst legt die Spinne, deren Netz deine Traurigkeit hören kann, einen neuen Faden an. Noch während du deine Einsamkeit bedauerst, hält das Lied des Zeisigs deinen Mut aufrecht, und schimmert der Tautropfen, in dem ein ganzes All lebendig ist, deinem Blick entgegen. Noch während du nach einem Wort suchst, das deinem Schmerz einen Namen gibt, rufen die Steine den Regen und einen sanften Wind herbei, damit der Petrichor dir warmen Trost in deine Sinne...

Ein Leben lang
Lyrisches · 29. Januar 2021
Ein Leben lang Der Mond liegt heute fröhlich auf den Dächern. Ich schaue hin und sehe mich nicht satt, und trinke Licht aus himmelblauen Bechern, wie eine die sich selbst vergessen hat. Nichts unter mir als daunenweiche Erde. Sie wirft mich in die Luft und fängt mich auf. Ein Leben lang bloß fallen. Stirb und werde, und störe nicht die Welt in ihrem Lauf.
Jahresende
Lyrisches · 31. Dezember 2020
Ich lege dieses Jahr und seine Schmerzen, und seine laut gewordne Müdigkeit in tiefe Erde, zu den edlen Erzen, in mütterliche Winterdunkelheit. Ich löse alle Fäden meines Bangens in dieser Welt sei jeder stets allein, vor mir die Spur des innigsten Verlangens, ein Mensch im All der Menschlichkeit zu sein. Ich träume, mich wie Wurzeln zu verzweigen, den Gräsern gleich zum Himmel aufzusehn, mich vor der Stille tiefer zu verneigen, in alle Dinge lächelnd heimzugehn....

Veröffentlichungen · 02. Dezember 2020
Hunderttausende Menschen freuen sich jedes Jahr wieder auf ihn: Seit über 20 Jahren begleitet Der Andere Advent vom Vorabend des ersten Advent bis zum 6. Januar mit Texten und Bildern durch die Advents- und Weihnachtszeit. Die Wochentage der Kalenderblätter eröffnen vom 28. November bis zum 6. Januar eine bunte Mischung aus Gedichten, Geschichten und Erzählungen Heute findet Ihr im Anderen Advent ein Nachtgebet von mir, und ich freue mich darüber, in diesem traditionsreichen Kalender...
Lyrisches · 08. Mai 2019
Atme den Segen ein Leg deine Lippen auf die Worte, die Dich trösten, und auf Gesichter, deren Anmut Dich erweicht, leg Deinen Kuss auf Blicke, die Dein Herz erlösten, und auf das Licht, das in Dein tiefstes Dunkel reicht. Hauche Gebete in die Mulden müder Hände, und auf die Hügelschultern, die gezeichnet sind. Gib Deinen Atemstrom als Dank in jedes Ende, und als Willkommensgruß in das, was neu beginnt. Tauche Dein Schweigen in die Stille die nicht endet. Sieh, wie Dein Leib im Leib des...

Lyrisches · 21. Juni 2018
Alle Dinge breiten ihre Schwingen, geben ihre Herzenskammer preis. Nur ein ungezähmtes Meer kann singen, was die Möwe, was die Muschel weiss: Nur die offne Wunde kann gesunden, nur der Riss im Dunkel ruft den Stern. Nur die Hoffnung bricht das Glas der Stunden, sieh, die Ewigkeit war Dir nie fern. Nur die offne Erde kann empfangen, wenn der Samen in ihr Dunkel fällt. Nur das offne Herz fühlt dies Verlangen, Schoß zu sein für eine neue Welt. Alle Dinge breiten ihre Flügel, geben ihre...
Lyrisches · 20. Juni 2018
Es liegt in allem was lebt ein inniges Beten, auch Blume und zitternder Grashalm, zertreten am Fuß des Wanderers, sind Andacht und Preis. Wohnt der Sturm in den Pappeln die ächzen und rauschen? Oder liegt am Fuße der Bäume ein gütiges Lauschen? Die Heimat, um die alles Lebende weiss? Oft lag ich in den Wiesen mit dunkelnden Träumen, beweinte den schmerzlichen Riss, dies Versäumen, wenn Sturm und Pappel die Anderen sind. Doch stürzend, bis unter die Wurzeln und Tiefen, allein mit den...